Mit der Ausstellung „Shalom in Lützen“ wird die Trilogie einer besonderen Exposition zum jüdischen Leben in drei, durch ihre Geschichte verbundenen Städte beendet. Diese Ausstellung begann 2021 in der Stadt Pappenheim in Franken, wurde 2022 in der thüringischen Kleinstadt Gräfenthal fortgesetzt und nun im April 2023 im sachsen-anhaltischen Lützen eröffnet. Alle drei Städte sind mit der herrschaftlichen Familie derer von Pappenheim auf verschiedene Weise verbunden. Pappenheim ist als Residenz der Familie bekannt, in Gräfenthal existierte eine Nebenlinie der Pappenheimer Grafen. Und in Lützen starb der wohl bekannteste, sprichwörtlich gewordene Gottfried Heinrich zu Pappenheim (1594-1632) in einer großen Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, eben der Schlacht bei Lützen.
Seit fast zwanzig Jahren besteht eine Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen den Städten Pappenheim und Lützen, in deren Mittelpunkt von Anfang zwei Frauen standen, die eine ging als „Gräfin der Herzen“ in die Geschichte der ehemaligen gräflichen Residenzstadt Pappenheim ein, die andere als engagierte Bürgerin jener fränkischen Stadt, die mit vielen Gleichgesinnten nie müde wird, die Geschichte ihrer Heimat zu erforschen, darzustellen und dadurch freundschaftliche Kontakte in andere Regionen aufzubauen. Ursula Gräfin zu Pappenheim (1926-2018) war die eine, Renate Prusakow ist die andere Frau. Bereits 2013 entstand im Lützener Museum im Schloss eine Ausstellung zum Feldmarschall Pappenheim, die später, im Jahre 2016, auch in der Stadt Pappenheim zu sehen war.
Nun wird im Museum Lützen eine Ausstellung gezeigt, entstanden in der Stadt Pappenheim durch den Heimat- und Geschichtsverein Pappenheim und Ortsteile e.V., dessen Vorsitzende Renate Prusakow ist. Jene Ausstellung wurde im Jahre 2021 im Rahmen des deutschlandweiten Festjahres „1700 Jüdische Geschichte in Deutschland“ mit jüdischer Pappenheimer Geschichte eröffnet und zeigte die Vielfalt jüdischen Lebens und jüdischer Kultur in der kleinen Stadt an der Altmühl. Die Mitglieder im Heimat- und Geschichtsverein haben selbst viel Historisches zusammengetragen, haben mit namhaften Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gearbeitet, um eine inhaltsreiche und lehrhafte Ausstellung auf den Weg zu bringen. Im befreundeten und mit Pappenheimer Geschichte angefüllten Gräfenthal wurde diese Ausstellung im vergangenen Jahr inhaltlich erweitert und eröffnete den Blick in die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Thüringen. Gleiches tat auch das Lützener Museum um die Museumsleiterin Teresa Schneidewind. Lützen selbst hat zwar keine so reichhaltige Geschichte zum Judentum wie Pappenheim oder Gräfenthal, dennoch wurde die Region um Lützen, der heutige Burgenlandkreis, in die Betrachtung einbezogen und offenbarte eine mitunter vergessene, ja auch verdrängte jüdische Vergangenheit. So wie in Pappenheim in den vergangenen zehn Jahren die Forschung vor allem durch den engagierten Heimat- und Geschichtsverein vieles ans Licht gebracht hat, vor allem die überregionale Bedeutung der jüdischen Friedhöfe in der Altmühlstadt, konnten auch in Gräfenthal und Lützen neue Erkenntnisse aufgezeigt werden.
Während der Ausstellungseröffnung in Lützen am 22. April 2023 präsentierte der Bürgermeister von Gräfenthal und heutige Besitzer des einstigen pappenheimschen Schlosses Wespenstein Wolfgang Wehr seine eigenen Forschungen zur mitteldeutschen jüdischen Geschichte, was von den anwesenden Gästen sehr aufmerksam und mit viel Applaus bedacht wurde. Die in Lützen anwesenden Pappenheimerinnen und Pappenheimer um Renate Prusakow präsentierten sich auch musikalisch, als das Mitglied Adamina Mulder den Pappenheimer Marsch auf ihrem Akkordeon spielte. Der Lützener Bürgermeister Uwe Weiß bedankte sich bei den Gästen aus Gräfenthal und Pappenheim für eine jahrelange freundschaftliche Verbindung, die mit der die drei Städte verbindenden Ausstellung einen weiteren Höhepunkt erreicht hat.
Während ihres zweitägigen Besuches in Lützen konnten die Vertreterinnen und Vertreter aus Pappenheim und Gräfenthal auch den Baufortschritt des neuen Ausstellungsgebäudes zur Schlachtfeldarchäologie an der Gustav-Adolf-Gedenkstätte bewundern. Am 6. November 2023, dem 391. Todestag des schwedischen Königs Gustav II. Adolf und des auf der gegnerischen Seite kämpfenden Gottfried Heinrich zu Pappenheim, wird die neue Ausstellung, die auch das 2011 gefundene Massengrab mit 47 Gefallenen der Schlacht von Lützen 1632 zeigen wird, eröffnet; sicher wieder ein gemeinsamer Treffpunkt für das Dreigestirn Pappenheim – Gräfenthal – Lützen und deren Freundschaft. Somit können wir wohl auf alle drei Städte das Sprichwort Schillers aus Wallensteins Tod im vierzehnten Auftritt anwenden: „Daran erkenn` ich meine Pappenheimer.“
Text: Maik Reichel, ehemaliger Bürgermeister und Museumsleiter von Lützen
Fotos: Adamina Mulder / Renate Prusakow